Nebensache?Interview mit Hannah Franz über ihr Engagement in der Abschiebehaftberatung
31. Mai 2023
Foto: Franz
In der Promotionsphase taucht man tief ins eigene Thema ein, publiziert in vielen Fällen schon fleißig und sammelt Lehrerfahrung. Das alles ist oft so zeitaufwendig, dass andere Aktivitäten für viele Promovierende zumindest phasenweise zur reinen Nebensache werden.
In unserer Interviewreihe stellen wir Promovierende vor, die sich trotzdem neben ihrer Forschungsarbeit im Umfeld der Hochschule engagieren – warum eigentlich, was bringt ihnen das und wie bekommen sie das alles unter einen Hut? Heute sprechen wir mit Hannah Franz, die in den Rechtswissenschaften an der Universität Hamburg zum Thema Rechtmäßigkeit von Abschiebungshaft promoviert.
Was genau ist diese „Nebensache“, für die Sie sich neben Ihrer Promotion engagieren?
Seit 2020 bin ich Mitglied der Abschiebehaftberatung Nord, einem Kooperationsprojekt der Bucerius Law Clinic und der Refugee Law Clinics der Universität Hamburg und Kiel. Wir bieten kostenlose Rechtsberatung für Menschen in Abschiebungshaft. Abschiebungshaft dient allein der Sicherung der Ausreise. Obwohl die Personen also keine Straftat begangen haben, werden sie bis zu 18 Monate inhaftiert. In ca. 50 % sind die gerichtlichen Haftanordnungen rechtswidrig. Ohne unsere Unterstützung hätten die betroffenen Personen mangels ausreichender Rechts- und Sprachkenntnisse keine Möglichkeit gegen eine solche Haftanordnung vorzugehen.
Warum investieren Sie hier Ihre (sicher oft knappe) Zeit und Energie?
Schon im Studium war ich in der Law Clinic und der Abschiebehaftberatung aktiv. Hierüber bin ich auch auf mein Dissertationsthema gekommen. Von den im Rahmen der Abschiebehaftberatung gesammelten praktischen Eindrücken, Erfahrungen und Kontakten profitiere ich bzw. meine Doktorarbeit ganz unmittelbar. Auch motiviert mich der Gedanke, durch das Engagement die Situation der Menschen, die ansonsten keine Lobby haben, zu stärken und hierdurch letztlich auch dem Rechtsstaat zu mehr Durchsetzungskraft zu verhelfen.
Welche Tipps haben Sie für den Einstieg in ein solches Engagement, ohne dabei über das eigene Limit gehen zu müssen?
Am Wichtigsten ist es, eigene Grenzen zu setzten – sowohl hinsichtlich des zeitlichen Rahmens als auch bezüglich der eigenen Belastbarkeit; gerade weil es in unseren Fällen um hochsensible Themen wie Suizid, Diskriminierungserfahrungen, Fluchterlebnisse etc. geht. Auch nehme ich mir bewusste Auszeiten, in denen ich mich dann nur auf die Doktorarbeit oder andere Verpflichtungen konzentriere. Eine gute Kommunikation im Team und das Fokussieren auf die eigenen Stärken ermöglichen es mir, mein Ehrenamt mit viel Freude und Ausdauer ausüben zu können.
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