HRA Salon – Power & Global Orders am 3. JuniChance oder Privileg? Internationale Mobilität in der Wissenschaft
15. Juni 2021
Foto: HRA
Ein Auslandsaufenthalt ist für eine Karriere in der Wissenschaft unerlässlich – aber nicht für alle gleichermaßen umsetzbar. Der englischsprachige HRA Salon „Power & Global Orders“ beleuchtete am 3. Juni das Thema internationale Mobilität mit Blick auf bestehende Ungleichheiten und Machtverhältnisse. Inwieweit beeinflussen Herkunft und Nationalität, wer Zugang zu den weltweit führenden Universitäten und Förderorganisationen hat? Was können Universitäten tun, um in Zukunft vielfältiger und inklusiver zu werden? Und wie gelingt es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, wichtige internationale Erfahrungen und Kompetenzen ohne Forschungsaufenthalte im Ausland zu erwerben?
Die Veranstaltung schließt an drei vorangehende Salonabende zum Thema Macht und Wissenschaft an, bei denen wissenschaftliche Betreuungsverhältnisse, Fördermittelgeber und Eliten im Fokus standen. Die Hamburg Research Academy bietet mit der Reihe ein Forum für Diskussionen über drängende Themen des Wissenschaftsbetriebs und fördert die fach- und hochschulübergreifende Vernetzung am Wissenschaftsstandort Hamburg. Bei diesem vierten, erstmalig virtuellen Salonabend waren Dr. Başak Bilecen, Dr. Muriel Helbig, Dr. Valerie Liebs und der Moderator Ralf Krauter zu Gast.
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Wissenschaft weltoffen?
Für viele deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist der Schritt ins Ausland dank Formaten wie DAAD-Förderungen und dem Erasmus-Programm verhältnismäßig einfach. Auf der anderen Seite spiegeln die Zahlen der jährlich erscheinenden DAAD-Studie „Wissenschaft Weltoffen“ die fehlenden längerfristigen Perspektiven im deutschen Wissenschaftssystem für Forschende aus anderen Ländern wider. Die Soziologin Dr. Başak Bilecen von der Rijksuniversiteit Groningen beschäftigt sich in ihrer Forschung intensiv mit Studierendenmobilität und gab einen Einblick in die aktuelle Studie: Zwar lehrt immerhin 12,7 % internationales wissenschaftliches Personal an deutschen Universitäten, jedoch nur 7,7 % auf professoraler Ebene, wovon allein 66 % aus Westeuropa kommen. Gerade global gesehen sind die akademischen Mobilitätsströmungen ungleich verteilt.
Mobilität ist nicht immer das Ziel
Diese Beobachtung teilte auch Dr. Valerie Liebs, die auf fehlende finanzielle und infrastrukturelle Möglichkeiten in vielen Ländern hinwies. Nicht immer sei allerdings eine internationale Karriere automatisch das Ziel: Das Förderprojekt der VolkswagenStiftung „Knowledge for Tomorrow – Cooperative Research Projects in Sub-Saharan Africa“, das sie bis vor Kurzem wissenschaftlich begleitete, ermöglicht es den geförderten Personen explizit in ihren Herkunftsländern zu bleiben. Das Projekt unterstützt sie dabei, ihre Forschung vor Ort voranzutreiben und gleichzeitig über das Netzwerk internationale Kontakte zu knüpfen. Dies sei zum einen auf individueller Ebene eine Chance und verhindere zum anderen einen „Brain Drain“ mit negativen Konsequenzen für die jeweiligen Herkunftsländer der Forschenden.
Einstieg in das deutsche Wissenschaftssystem
Mit Blick auf das deutsche Wissenschaftssystem betonte Dr. Muriel Helbig, Vizepräsidentin des DAAD und Präsidentin der TH Lübeck, die Aufgaben der Universitäten und Förderorganisationen. Diese seien in der Pflicht, den Einstieg für internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu erleichtern. In erster Linie müsse das Wissen über Karrierewege im deutschen System transparent zur Verfügung gestellt und konkrete Unterstützungsangebote wie administrative Hilfe und Sprachkurse für Neuberufene angeboten werden. Nur so könne internationales Recruitment erfolgreich sein. Auch für Deutsche, die lange im Ausland waren, kann der Wiedereinstieg mit Herausforderungen verbunden sein. Der Aufbau von stabilen Netzwerken „zu Hause“ ist daher, hier waren sich alle Gäste einig, während der eigenen Abwesenheit ausgesprochen wichtig.
Internationale Erfahrung ist mehr als Mobilität
Was überhaupt als „internationale Erfahrung“ definiert wird und wie Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler diese als Kompetenzen erwerben und in ihrem CV sichtbar machen können, zog sich als eine der Leitfragen durch den Abend. „Internationalization is so much more than mobility”, stellte Dr. Muriel Helbig fest. „Not everyone can be mobile and not everyone wants to be mobile but you can still have some kind of internationalization in your CV, in your career, and that’s also valuable.” Viele wissenschaftliche Aktivitäten während der Promotions- und Postdoc-Phase können auch ohne Forschungsaufenthalt im Ausland international gestaltet werden.
Internationalisierung @home
Auch ohne Auslandsaufenthalt können Sie Ihre internationalen Kompetenzen stärken und im CV sichtbar machen:
- Internationale Kooperationsprojekte
- Internationale Publikationen
- Mitarbeit oder erste Führungserfahrungen in internationalen Teams
- Engagement in Buddy-Programmen an der eigenen Hochschule
- Fremdsprachenkenntnisse
- Neue digitale Formate der internationalen Zusammenarbeit wie z. B. digitale Lehre an einer Hochschule im Ausland
Der Schritt ins Ausland lohnt sich!
Geht es also nur um nachweisbare Qualifikationen im CV? Für Dr. Başak Bilecen haben ihre Stationen in verschiedenen Ländern eine viel umfassendere Bedeutung: “The way I look at the world, how I think, how I write, how I approach things”, all dies sei von ihren Erfahrungen im Ausland beeinflusst. Der Abend ging damit zu Ende, dass die drei Gäste alle Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Publikum zu einem ähnlichen Schritt – sollte es möglich sein – ermutigten:
- “During my entire career, I’ve never met anyone that has regretted going abroad. But I have met many that regret missing out on this chance. Just go!“ (Dr. Muriel Helbig)
- “Are you ready to get out of your comfort zone? Try to get out. Even if you say no, I cannot go out – push yourself.” (Dr. Başak Bilecen)
- “Exposing yourself is worth it. It’s a risk, it’s challenging but it’s absolutely worth it.” (Dr. Valerie Liebs)
Gut zu wissen
- Übersicht DAAD-Stipendien (Deutscher Akademischer Austauschdienst e.V.)
- Erasmus gibt es nicht nur für Studierende – informieren Sie sich an Ihrer Hochschule über die Förderung von Kurzzeitdozenturen, Sprachreisen sowie Aufenthalte zu Fort- und Weiterbildungszwecken!
- Die Informationsveranstaltung „HRA spotlight – Auslandsaufenthalte während der Promotion“ findet jedes Semester statt. Im Kursportal HH finden Sie die aktuellen Termine sowie weitere Angebote zur Unterstützung Ihrer internationalen Karriere.
- Der finale HRA Salon in der Reihe „Macht & Wissenschaft“ findet am 28. September statt.
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