Graphic Recording zum Download [Jpeg]
Wissenschaft weltoffen?
Für viele deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist der Schritt ins Ausland dank Formaten wie DAAD-Förderungen und dem Erasmus-Programm verhältnismäßig einfach. Auf der anderen Seite spiegeln die Zahlen der jährlich erscheinenden DAAD-Studie „Wissenschaft Weltoffen“ die fehlenden längerfristigen Perspektiven im deutschen Wissenschaftssystem für Forschende aus anderen Ländern wider. Die Soziologin Dr. Başak Bilecen von der Rijksuniversiteit Groningen beschäftigt sich in ihrer Forschung intensiv mit Studierendenmobilität und gab einen Einblick in die aktuelle Studie: Zwar lehrt immerhin 12,7 % internationales wissenschaftliches Personal an deutschen Universitäten, jedoch nur 7,7 % auf professoraler Ebene, wovon allein 66 % aus Westeuropa kommen. Gerade global gesehen sind die akademischen Mobilitätsströmungen ungleich verteilt.
Mobilität ist nicht immer das Ziel
Diese Beobachtung teilte auch Dr. Valerie Liebs, die auf fehlende finanzielle und infrastrukturelle Möglichkeiten in vielen Ländern hinwies. Nicht immer sei allerdings eine internationale Karriere automatisch das Ziel: Das Förderprojekt der VolkswagenStiftung „Knowledge for Tomorrow – Cooperative Research Projects in Sub-Saharan Africa“, das sie bis vor Kurzem wissenschaftlich begleitete, ermöglicht es den geförderten Personen explizit in ihren Herkunftsländern zu bleiben. Das Projekt unterstützt sie dabei, ihre Forschung vor Ort voranzutreiben und gleichzeitig über das Netzwerk internationale Kontakte zu knüpfen. Dies sei zum einen auf individueller Ebene eine Chance und verhindere zum anderen einen „Brain Drain“ mit negativen Konsequenzen für die jeweiligen Herkunftsländer der Forschenden.
Einstieg in das deutsche Wissenschaftssystem
Mit Blick auf das deutsche Wissenschaftssystem betonte Dr. Muriel Helbig, Vizepräsidentin des DAAD und Präsidentin der TH Lübeck, die Aufgaben der Universitäten und Förderorganisationen. Diese seien in der Pflicht, den Einstieg für internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu erleichtern. In erster Linie müsse das Wissen über Karrierewege im deutschen System transparent zur Verfügung gestellt und konkrete Unterstützungsangebote wie administrative Hilfe und Sprachkurse für Neuberufene angeboten werden. Nur so könne internationales Recruitment erfolgreich sein. Auch für Deutsche, die lange im Ausland waren, kann der Wiedereinstieg mit Herausforderungen verbunden sein. Der Aufbau von stabilen Netzwerken „zu Hause“ ist daher, hier waren sich alle Gäste einig, während der eigenen Abwesenheit ausgesprochen wichtig.
Internationale Erfahrung ist mehr als Mobilität
Was überhaupt als „internationale Erfahrung“ definiert wird und wie Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler diese als Kompetenzen erwerben und in ihrem CV sichtbar machen können, zog sich als eine der Leitfragen durch den Abend. „Internationalization is so much more than mobility”, stellte Dr. Muriel Helbig fest. „Not everyone can be mobile and not everyone wants to be mobile but you can still have some kind of internationalization in your CV, in your career, and that’s also valuable.” Viele wissenschaftliche Aktivitäten während der Promotions- und Postdoc-Phase können auch ohne Forschungsaufenthalt im Ausland international gestaltet werden.