UniWiND-Jahrestagung„Seismometer“ für aktuelle Herausforderungen des wissenschaftlichen Nachwuchses
27. September 2021
Foto: privat
Die UniWiND-Jahrestagung 2021 „Für moderne Promotionskultur(en)“ wird vom 28. bis 30. September von der Hamburg Research Academy und der Universität Hamburg als digitale Veranstaltung ausgerichtet. Der Universitätsverband zur Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland (UniWiND) ist ein Forum für den universitätsübergreifenden Austausch zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Im Interview erzählt Prof. Dr. Michael Bölker, seit Mai 2021 Vorstandsvorsitzender von UniWiND, was für ihn eine moderne Promotionskultur bedeutet und welche Rolle der Verband in der Förderung von dafür notwendigen Rahmenbedingungen spielt.
Die UniWiND-Jahrestagung wird gerne als „Klassentreffen“ der in der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung tätigen Menschen bezeichnet. Welche Idee und Zielsetzung stecken denn hinter diesen jährlichen Treffen?
Klassentreffen klingt ein wenig nach dem Schwelgen in einer gemeinsamen Vergangenheit. Ich sehe das jährliche Treffen von UniWiND eher als Plattform für den intensiven und aktuellen Austausch zwischen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an Graduierteneinrichtungen. Da in den Graduiertenzentren häufig nur wenige Mitarbeitende arbeiten, ist dieser Austausch sehr wichtig, denn so können diese von anderen Universitäten lernen. Auf diese Weise lassen sich auch aktuelle Herausforderungen wie z. B. die Folgen der Corona-Pandemie besser bewältigen. Auf den UniWiND-Veranstaltungen wird sichtbar, wie andere mit den Herausforderungen umgehen und dies kann als „Blaupause“ für die eigene Einrichtung dienen, was natürlich extrem hilfreich ist. Grundsätzlich liegt unser Ziel in der Verbesserung der Bedingungen für die Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland.
Wie profitiert der wissenschaftliche Nachwuchs selbst von UniWiND? Was hat der Verband zum Beispiel bereits in der Vergangenheit erreicht?
Die Promovierenden und Postdocs profitieren vor allem über die Graduierteneinrichtungen an ihren Hochschulen. UniWiND hat sich seit seiner Gründung 2009 immer dafür eingesetzt, zentrale Graduierteneinrichtungen flächendeckend an deutschen Universitäten zu etablieren.
Der Austausch im UniWiND-Netzwerk hilft diesen Einrichtungen, ihre Angebote auszubauen und zu verbessern und auf diese Weise hilft UniWiND auch den Promovierenden und Postdocs vor Ort. Aufgrund des engen Kontaktes zu den Graduierteneinrichtungen dient UniWiND auch als „Seismometer“ zur Früherkennung von Problemen, die es im Bereich wissenschaftlicher Nachwuchs gibt. Ein zentraler Bestandteil unserer Jahrestagung ist deshalb der Programmpunkt „Open Space“, in dem UniWiND-Mitglieder mit Best Practice-Beispielen wichtige Anregungen zu fächerübergreifenden Themen rund um die Promotion geben.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil unserer Arbeit sind auch die Organisation und Begleitung von thematischen Arbeitsgruppen (AGs), die sich mit verschiedenen Themen befassen, wie z. B. zur Betreuung von Promotionen, Organisation von Qualifizierungsangeboten, außeruniversitären Karrierewegen oder der guten wissenschaftliche Praxis. Die vielfältigen Resultate dieser AGs schlagen sich in der UniWiND-Publikationsreihe nieder, die mittlerweile 12 Bände und 2 Sonderausgaben umfasst. Daneben gibt es noch die regelmäßig erscheinenden Positionspapiere des Vorstands (z. B. zu Bedingungen in der Postdoc-Phase und zu kooperativen Promotionen).
Der Titel der diesjährigen Tagung ist „Für moderne Promotionskultur(en)“. Was bedeutet für Sie eine moderne Promotionskultur?
Die Promotion bildet seit langer Zeit das zentrale Element bei der akademischen Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Im Mittelpunkt der Promotion steht dabei die eigene Forschung. Gute Rahmenbedingungen während der Promotionsphase insbesondere bei der Betreuung und Beratung können entscheidend dazu beitragen, dass diese große Herausforderung für die Promovierenden nicht zu einem unkalkulierbaren Wagnis wird.
Eine moderne Promotionskultur zeichnet sich in meinen Augen dadurch aus, dass sie sich in einem stetigen Prozess immer wieder selbst reflektiert und sich den aktuellen Anforderungen stellt. So gehört zu einer guten Promotionskultur, auch die Phase nach der Promotion bereits frühzeitig im Blick zu haben und damit individuelle Karriereentscheidungen zu ermöglichen. Gleichzeitig gilt es den Zugang zur wissenschaftlichen Qualifikation möglichst vielen offen zu halten. Dies hätte eigentlich schon immer selbstverständlich sein sollen, aber aktuell rückt mehr und mehr ins Bewusstsein, welche Hürden und Hindernisse einen gleichen Zugang zu einer Promotion erschweren. Auch hier setzt sich UniWiND für entscheidende Verbesserung der Rahmenbedingungen ein.
Was macht die diesjährige Jahrestagung aus Ihrer Sicht besonders?
Auf jeden Fall die hervorragende Zusammenarbeit mit unseren Gastgebern: der Universität Hamburg und der Hamburg Research Academy! Natürlich hatten wir uns alle gefreut, die Tagung hier vor Ort in Hamburg durchzuführen, leider müssen wir nun zum zweiten Mal eine Tagung auf virtuellem Wege durchführen. Allerding gibt es auch einen positiven Effekt des Online-Formats: Mit der diesjährigen Jahrestagung erreichen wir mehr als doppelt so viele Teilnehmende wie bei den bisherigen Präsenzveranstaltungen und mit 430 angemeldeten Teilnehmenden wird die Tagung die bislang größte Veranstaltung von UniWiND! Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass wir zukünftig wieder Präsenz-Jahrestagungen haben werden. Inhaltlich freue ich mich, dass wir bei der Tagung auch die aktuelle Debatte um Arbeitsbedingungen nach der Promotion (#IchbinHanna) aufgreifen werden.
Sie sind seit diesem Frühjahr Vorstandsvorsitzender von UniWiND. Auf welche zukünftigen Aufgaben freuen Sie sich persönlich?
Ich freue mich vor allem auf den regen Kontakt mit anderen in der Nachwuchsförderung aktiven Kolleginnen und Kollegen. Eine Frage, mit der sich UniWiND in Zukunft beschäftigen wird, ist, wie die Universitäten dazu beitragen können, jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu einem deutlich früheren Zeitpunkt Karriereentscheidungen mit Dauerperspektive zu ermöglichen. Und damit gebe ich gern einen Ausblick auf das UniWiND-Symposium 2022, das die frühe Karrierephase nach der Promotion zum Thema haben wird.