Förderfonds Wissenschaftskommunikation„Angst. Ekel. Scheitern."Yvonne Siegmund und Ina Jessen über ihr transdisziplinäres Symposium und die Ergebnisse
3. August 2023
Foto: Maria Fuchs
In ihrem Symposium „Angst.Ekel.Scheitern“ haben die Postdocs Yvonne Siegmund und Ina Jessen inter- und transdisziplinär die blinden Flecken der Nachhaltigkeit thematisiert. Das Projekt wurde über den HRA-Förderfonds für Wissenschaftskommunikation finanziert.
Was haben Sie in Ihrem Projekt gemacht?
Der Titel unseres inter- und transdisziplinären Symposiums deutete es an:
„Angst. Ekel. Scheitern.“ war keine Bühne für Erfolgsgeschichten. Vielmehr beleuchteten wir mit unserer Veranstaltung die blinden Flecken von Nachhaltigkeit, die sich eng verflochten in politischen, wissenschaftlichen, sozioökonomischen und ökologischen (Alltags-)Kontexten zeigen. Es ging um Widersprüche, Hindernisse und Ängste im Zusammenhang mit dem Begriff Nachhaltigkeit, denen wir uns multiperspektivisch und diskursiv widmeten. Transformationsdesigner:innen, Architektur-, Kunst- und Filmschaffende, Archäolog:innen, Materialverwalter:innen und Psycholog:innen teilten ihre Perspektiven und gaben Inputs zur Ambivalenz nachhaltigen Handelns.
Wie sind Sie auf die Idee zu dem Projekt gekommen?
Wir haben das Projekt zusammen mit dem Kulturmanager Ulrich Bildstein initiiert und durchgeführt, organisatorisch wurden wir unterstützt von der Innenarchitektin Virginia Schmitz. Das Wort Nachhaltigkeit reizte uns alle, weil damit große Erwartungshaltungen verbunden sind. Wir fühlen uns gut, wenn wir nachhaltig konsumieren. Die Wahrheit ist aber: Wir verlagern die Probleme räumlich, z.B. Müll, Elektroschrott und Neuware in den globalen Süden. Und wir verschieben Nachhaltigkeitslösungen in die Zukunft: Nachhaltigkeit ist abhängig von Legislaturperioden und marktwirtschaftlichen Interessen. Aber auch Privatpersonen handeln nicht konsequent nachhaltig: Wir sind bequem, kurzsichtig, belügen uns oder ignorieren Zusammenhänge. Oft können wir die komplexen Liefer- und Produktionsbedingungen auch gar nicht nachvollziehen. Diese Abhängigkeiten, Hindernisse, Beweggründe und Ängste im Kontext nicht-nachhaltigen Handelns bezeichnen wir als blinde Flecken. Wir wollten sie sichtbar machen und mit der Wissenschaft, Praxis und Zivilgesellschaft diskutieren. Mit diesem offenen und ehrlichen Ansatz war das Ziel verbunden, uns künftig mehr zu hinterfragen, um wirklich nachhaltiger zu handeln.
Wie hat Ihnen der Förderfonds geholfen?
Durch den Förderfonds konnten wir im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit ein Graphic Recording und die fotografische Begleitung des Symposiums finanzieren. Unsere Veranstaltung konnte somit lebendig und für alle nachvollziehbar dokumentiert werden. Insgesamt wurden 23 Graphic Recordings der einzelnen Programmpunkte angefertigt
Die Ergebnisse von „Angst. Ekel. Scheitern.“
- Dokumentation von den Vorbereitungen über die Symposiumstage bis zur Nachbereitung
- Graphic Recording von Felizitas Lang und Dominik Lang
- Booklet
- Ausführliche Erkenntnissicherung (ab Herbst)
Was haben Sie aus der Planung des Symposiums für sich mitgenommen?
Schon in der Konzeptionsphase des Symposiums war uns die Komplexität der Thematik bewusst, zugleich haben wir – je intensiver die Recherchen wurden – die zunehmende Relevanz in unterschiedlichen Wirkungsbereichen unserer vielfältigen Gesellschaft gesehen. Das interdisziplinäre und methodisch facettenreiche Format hat sich zugleich als inspirierend und anspruchsvoll erwiesen. Es war viel zu tun: von der Konzeptionsphase und Antragstellung, über die Organisation des entstehenden Netzwerks aus Teilnehmer:innen und Diskutant:innen, die logistische wie inhaltliche Durchführung des transdisziplinären Symposiums, die breitenwirksame Öffentlichkeitsarbeit bis hin zur Vorbereitung der Dokumentation im Rahmen der Publikation.
Inhaltlich haben der Facettenreichtum der Panels und Themen der Beiträge zu einer regen Beteiligung des Publikums in Diskussionen geführt. Die inhaltliche und methodische Vielfalt von künstlerischen Beiträgen stieß ebenfalls auf eine sehr positive Resonanz, und auch die gemeinsamen Pausen und Landgänge haben den Austausch gefördert.
Welche Erfahrungen haben Sie in der Wissenschaftskommunikation gemacht?
Wir wollten ein möglichst breites Publikum ansprechen, allerdings war die Öffentlichkeit schwerer zu erreichen als die Academia. Wir warben für unsere Veranstaltung in Bücherhallen, beim Dachverband Stadtkultur Hamburg, bei diversen Hamburger Vereinen, Stadtteilbüros, Zeitungen und nachhaltigen Firmen, in privaten und Kulturverteilern. Das hat teilweise funktioniert, wie uns auch auf dem Symposium bestätigt wurde. Dennoch wurde das Symposium überwiegend als Fachveranstaltung wahrgenommen. Vermutlich wäre hierfür schon zu Beginn der Planung vor einem Jahr eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit notwendig gewesen. In Gesprächen mit Teilnehmenden während des Symposiums und auch im Reflexionsprozess hat sich gezeigt, dass die Veranstaltung durch die inhaltliche Vielfalt als sehr komplex und zudem als akademisch wahrgenommen wurde. Durch die eher textbasierte Ankündigung und die thematischen Spezifik der Beiträge fühlten sich Nicht-Akademiker:innen weniger angesprochen.
Mit Bildern können Menschen eher erreicht werden als durch Texte. Sie wecken Emotionen und regen die Fantasie an. Über Darstellungen können Zusammenhänge schneller erfasst werden. Diese Bilder haben uns vor der Veranstaltung gefehlt. In der Aufbereitung des Symposiums – durch das Graphic Recording, die Fotodokumentation und das Booklet – ist es uns gelungen sowohl bildhaft als auch in einfacher, knapper Sprache Erkenntnisse zu beschreiben, denen bei Interesse in der Erkenntnissicherung vertiefend nachgegangen werden kann.
Förderfonds Wissenschaftskommunikation
Sie haben eine gute Idee, aber die finanziellen Mittel fehlen für die Umsetzung? Die Hamburg Research Academy fördert gemeinsam mit der Claussen-Simon-Stiftung Projekte des wissenschaftlichen Nachwuchses aus dem Bereich Wissenschaftskommunikation. Aus dem Förderfonds können Mittel für eigene Projekte beantragt werden.
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